Andriy Harasymenko
Datum des Verschwindens: 25. März 2022
Ort des Verschwindens: Dorf Nowoukrainske, Gebiet Tschernihiw
Vor der russischen Besetzung lebte Andriy Harasymenko mit seiner Frau Natalija im Dorf Nowoukrainske, Gebiet Tschernihiw, einer Region im Norden der Ukraine, die an Russland grenzt. Das Paar hatte zwei Töchter. Andriy arbeitete als Gasmeister, hatte einen Haushalt und Vieh.
Am 24. Februar fuhr ein russischer Panzer-Konvoi durch Nowoukrainske, die Schlacht um Tschernihiw begann, und in der Nähe explodierten ständig Granaten. Im März verbrachte die Familie die meiste Zeit im Keller, um sich vor dem Beschuss zu verstecken.
Am 25. März drangen Männer in Uniform und mit Maschinengewehren ins Haus von Harasymenko ein. Frau Natalja erinnert sich, dass es so viele russische Soldaten waren, dass es so aussah, als wären sie gekommen, um einen namhaften Terroristen festzunehmen. Ihr fielen Leute in besonderen Uniformen auf, von denen fast alle Sturmhauben trugen. „Wahrscheinlich war es entweder die Militärpolizei oder der Föderale Sicherheitsdienst „, glaubt Natalja. Die Familie wurde etwa eine Stunde lang verhört. Gleichzeitig durchsuchten die Russen das Haus: sie nahmen Dokumente, Mobiltelefone, ein Tablett, eine Computer-Systemeinheit, Flash-Laufwerke, Taschenlampen und einen Wi-Fi-Router mit.
Nach der Durchsuchung packten sie die Sachen und reisten wieder ab. Sie nahmen den Herren Harasymenko in einem gepanzerten Mannschaftstransporter mit. Natalja vermutete, dass Andriy in das Dorf Wysсhnewe bei Nowoukrainske gebracht worden war. Sie fuhr zweimal dorthin, um sich über das Schicksal ihres Mannes zu erkundigen. Bei der zweiten Fahrt, am 28. März, sagte ihr ein russischer Soldat, dass die Gefangenen in eine unbekannte Richtung gebracht worden seien.
Fast zwei Monate lang gab es keine Nachricht über das Schicksal des Entführten. Die Familie wusste nicht, ob er noch am Leben war. Zur Identifizierung wurden Natalja Fotos von Zivilisten gezeigt, die von Russen gefoltert und in Wyschnewe gefunden worden waren. Ihr Mann war nicht unter den Getöteten.
Schließlich wurde er in Russland entdeckt. Ein Zeuge, der im Rahmen eines Austauschs nach Hause zurückkehrte, sagte, er habe den Herren Harasymenko im Kursker Untersuchungsgefängnis gesehen. „Er hat mir nicht alles erzählt, aber mir war klar, dass Andriy schwer geschlagen wurde. Andriy bat die Nachricht über ihn auszurichten. Das war am 22. Mai 2022″, erinnert sich Natalija.
Die nächste Nachricht erhielt die Familie Ende Dezember 2022. Damals meldete sich ein weiterer ausgetauschter Mann und sagte, er habe den Herren Harasymenko in der Tula-Strafkolonie Nr. 1 in der Stadt Donskoy gesehen. Im Sommer 2023 gab es neue Informationen von Angehörigen anderer Gefangener: Andriy wurde in die Kolonie „Polyana“ in der Republik Mordwinien gebracht.
Harasymenko ist nierenkrank und sollte Ende Februar 2022 an einer Nierensteinentfernung operiert werden. Aufgrund des Beginns der umfassenden Invasion konnte er jedoch nicht in das Krankenhaus in Tschernihiw gelangen. Der Familie ist es nicht bekannt, ob der Mann in russischen Gefängnissen behandelt wird.